Körperliche Gender Dysphorie
Jeder hat von der Geschichte vom „im falschen Körper geboren“ gehört. Körperliche Dysphorie ist ein Unbehagen über die Form des eigenen Körpers aufgrund der Geschlechtsmerkmale, die er aufweist. Über welche Körpermerkmale sprechen wir hier?
Primäre Geschlechtsmerkmale
Die wichtigsten Fortpflanzungsmerkmale, die sich während der Schwangerschaft entwickeln
- Gonaden
- Hoden
- Eierstöcke
- Externe Genitalien
- Penis
- Klitoris
- Hodensack
- Schamlippen
- Vulva
- Interne Fortpflanzungsorgane
- Prostata/Sekret Drüse
- Uterus
Sekundäre Geschlechtsmerkmale
Alle sexuell dimorphen Merkmale, die sich während und nach der Pubertät infolge einer Hormonexposition entwickeln. Im Allgemeinen sind diese Merkmale für männliche und weibliche vorpubertäre Kinder nahezu identisch.
- Fettverteilung
- Taille, Hüfte, Po-Form
- Oberschenkel, Arme, Rücken
- Wangen und Kieferknochenlinie
- Muskeln
- Nacken, Schultern und Oberkörper
- Arme und Beine
- Bauch
- Knochenbau
- Körpergröße
- Größe von Füßen und Händen
- Breite der Schultern
- Breite des Brustkorbs
- Dicke und Dichte der Gliedmaßen
- Stirn, Brauenkuppe, Wangen- und Kieferknochen
- Beckenbreite
- Hautstruktur und Hautton
- Stimmhöhe und Stimmresonanz
- Brust Entwicklung
- Körperbehaarung (ausgenommen Schambehaarung und Achselbehaarung)
- Gesichtsbehaarung
Die Primären Geschlechtsmerkmale können nur durch chirurgische Eingriffe verändert werden. Einige sekundäre sexuelle Merkmale sind auch Einbahnstraßen und erfordern einen medizinischen Eingriff, etwa um das Wachstum des Brustgewebes oder die Vertiefung der Stimmbänder rückgängig zu machen. Östrogen macht die Stimme nicht weiblicher, Testosteron lässt die Brüste nicht schrumpfen (abgesehen vom Fettabbau). Veränderungen der Skelettstruktur (wie die Vergrößerung durch Testosteron oder die Erweiterung der Hüften durch Östrogen) können nur vor dem 25. Lebensjahr auftreten, während der Körper noch wächst.
Einige sekundäre Merkmale können chirurgisch verbessert werden (Brustvergrößerung, Körperkonturierung, Maskulinisierung / Feminisierung des Gesichts), andere können überhaupt nicht verändert werden.
Körperliche Dysphorie manifestiert sich auf verschiedene Weise. Manchmal ist dies in einer Art „Phantom-Extremität“-Phänomen zu spüren: Wenn eine Person Empfindungen von einem Penis oder einer Vagina spüren kann, welche nicht vorhanden ist. Oder einen Gebärmutter Schmerz empfindet, die nicht vorhanden ist. Oder ein Gefühl des Fehlens von Brüsten, die nicht gewachsen sind.
Auch umgekehrt kann es der Fall sein: Es kann als eine Art umgekehrter Phantomeffekt empfunden werden, bei dem sich die Person ständig etwas bewusst ist, das nicht vorhanden sein sollte. Das Gehirn erhält sensorische Impulse, die es nicht erwartet, wie z. B. das Gewicht der Brüste oder das Vorhandensein von Hoden oder einer Gebärmutter. Diese sensorischen Impulse drängen sich in den Vordergrund, da sie nicht erwartet werden.
AFAB: assigned female at birth – dem weiblichen Geschlecht bei der Geburt zugeordnet
AMAB: assigned male at birth – dem männlichen Geschlecht bei der Geburt zugeordnet
Es kann Entsetzen oder Abscheu empfunden werden, wenn man die äußeren Genitalien betrachtet oder berührt. Auch können emotionale Ausbrüche ausgelöst werden, verbunden mit dem starken Wunsch, die betroffenen Organe zu entfernen. AFAB-Transgender können während der Menstruation ein Gefühl der Unrichtigkeit oder ein Gefühl der fremdartigen Trennung von ihrem Hormonkreislauf verspüren.
Körperliche Dysphorie kann sich als Zwang manifestieren, bestimmte Körpermerkmale durch zum Beispiel obsessives Rasieren von Körper- oder Gesichtshaaren, zu verändern. Es kann sich auch in einem entgegengesetzten Zwang manifestieren: einer sorgfältigen Pflege dieser Merkmale, um zu versuchen, sie zu kontrollieren. Ein Beispiel wäre einen perfekten Bart zu pflegen, die Nägel dauerhaft gepflegt und poliert zu halten oder Stunden im Fitnessstudio zu verbringen, um die Körperform anzupassen.
Unerwünschte körperliche Merkmale können dazu führen, dass eine Person Neid auf Menschen verspürt, die aufgrund von Krankheiten wie Hoden- oder Brustkrebs gezwungen waren, diese Merkmale zu entfernen. AMABs mit schwerer Genitaldysphorie neigen dazu, sich einen Freak-Unfall zu wünschen, der zum Verlust ihres Penis führen würde.
HRT: hormone replacement therapy – Hormonersatztherapie
Manchmal kann es einfach ein Gefühl der Unrichtigkeit sein, dass Sie möglicherweise nicht einmal dem Gender oder (Biologischem-) Geschlecht zuschreiben. Die meiste Zeit meines Lebens glaubte ich, dass der Grund warum ich meinen Körper nicht mochte, darin bestand, dass ich fett war. Erst als ich mit der Transition begann, wurde mir klar, dass ich mein Fett überhaupt nicht hasste. Ich hasste es, männliches Fett zu haben. Durch die weiblichen Kurven, die mir die HRT gegeben hat, fühlte ich mich viel mehr im Einklang mit meinem Körper.
FFS: facial feminization surgery – chirurgische Feminisierung des Gesichts
Die Dysphorie, die man wegen seinem Körper empfindet, kann und wird sich im Laufe der Zeit ändern; zum Guten oder zum Schlechten. Zum Beispiel beginnen viele Transfeminine Personen ihre Transition und fühlen sich nicht von ihren Genitalien abgestoßen. Später stellen sie jedoch fest, dass sie mit ihren männlichen Genitalien unwohl fühlen, weil andere, größere Dysphorie-quellen verschwinden. Andersherum kann sich jemand sicher sein unbedingt eine FFS zu benötigen, aber dann, zwei Jahre nach Start der Transition, stellt sie fest, dass ihr Gesicht keine Dysphorie mehr auslöst und sie zufrieden ist, wie sie aussieht.
Es ist in Ordnung, wenn Sie feststellen, dass Sie mehr oder weniger benötigen als zu Beginn angenommen.
Es ist in Ordnung, wenn Sie nichts an Ihrem Körper hassen. Es genügt sich zu wünschen, dass Sie weiblicher oder männlicher aussehen.
Es ist in Ordnung, wenn Sie nur einige Aspekte Ihres Körpers hassen und nicht alle Geschlechtsmerkmale ändern möchten.
Es ist in Ordnung, wenn Sie überhaupt keine medizinische Transition wollen. Körpergefühle sind nicht das A und O der Transition.
Gesamtheitliche Körperliche Dysphorie ist keine Voraussetzung, um Transgender zu sein. AFABs müssen ihre Brüste nicht hassen, AMABs müssen ihren Penis nicht hassen. Die Erfahrung jeder Trans-Person ist anders. Alle sind gültig.
Internalisierte Probleme mit dem Körperbild
Die Welt ist voller unbewusster Botschaften darüber, wie die Körper von Männern und Frauen auszusehen haben. Wir werden mit Werbung und Medienbotschaften bombardiert, um eine normalisierte Sicht auf das zu schaffen, was schön ist und was nicht. Sei nicht zu dick, sei nicht zu dünn, sei nicht zu groß, sei nicht zu kurz, habe kein zu breites Kinn, keine zu große Nase, trage Make-up aber trage nicht zu viel Make-up, verlasse das Haus nicht ohne BH aber sieh zu, dass man den BH nicht sieht, … Weiter und weiter steigt die Flut von Erwartungen an ein geschlechtsspezifisches Erscheinungsbild.
Enbie: non-binary – Person die sich nicht im binären Gender Spektrum sieht
Jeder nimmt diese Botschaften auf und Trans-Personen verinnerlichen die Faktoren, die für das Geschlecht wichtig sind, mit dem sie sich identifizieren. Transfeminine Personen wachsen auf, indem sie die weiblichen Standards, Transmaskuline Personen die männlichen Standards auf sich selbst übertragen und Enbies verinnerlichen oft Scham um Androgynie. Das Ganze kommt zu der Scham hinzu, dass sie auch nicht den Standards ihres biologischen Geschlechts entsprechen.
Was ist das Endergebnis davon? Kathryn beschrieb es am besten:
If you're under the assumption that you're a cis guy but have always dreamed of being a girl, and the only reason you haven't transitioned is because you're afraid you'll be an "ugly" girl:
That's dysphoria. You're literally a trans girl already, hon.
Don't feel too bad about never realizing it. I just had this eureka moment myself.
But that's literally dysphoria. You feel discomfort being reminded of the disconnect between who you want to be (who you ARE) and what you look like.